Geschichte

Verein Feministische Wissenschaft Schweiz – seit 1983
Der Verein Feministische Wissenschaft Schweiz wurde 1983 von weiblichen Wissenschaftlerinnen gegründet und setzte sich zunächst für die Institutionalisierung und im Anschluss für die Förderung der Geschlechterforschung und von Gleichstellung im Schweizer Hochschulkontext ein. Nach einer weitgehenden Realisierung der Kernanliegen, verschob sich der Fokus auf die Aufgabe als Brückenbauerin zwischen Wissenschaft, Politik und Gesamtgesellschaft. Wichtige Aufgaben sind dabei die Vermittlung feministischen Wissens, die Förderung einer wissenschaftlich fundierten Dialogkultur zu Geschlechterthemen, Stellungnahmen zu gesellschaftlichen Themen und in der Wissenschaftspolitik.

Die ersten zwanzig Jahre (1983-2003): Institutionalisierung
Der Verein Feministische Wissenschaft Schweiz wurde von Schweizer Studentinnen und Forscherinnen 1983 im Kontext gemeinsamer Tagungen zum Thema «Frauen und Wissenschaft» gegründet. Ziel des Vereins FemWiss war und ist, sich für feministische Perspektiven sowie die Institutionalisierung von Gleichstellung und Geschlechterforschung in der Hochschullandschaft der Schweiz einzusetzen.
Bereits 1985 wurde eine Stelle für die Sekretariats- und die Redaktionsarbeiten für das sechs- bis achtmal jährlich erscheinende Vereinsbulletin «Rundbrief» geschaffen. Ende der 1980er-Jahre zählte der Verein 500 Mitglieder. In den 1980er-Jahren entstanden regionale Sektionen von FemWiss, die erst Mitte der 1990er-Jahre in einem nationalen Vorstand aufgelöst wurden. FemWiss schrieb Protestbriefe und Stellungnahmen an Hochschulen und andere Institutionen der Schweiz, in denen die Unterrepräsentation von Frauen und der Mangel an «Frauenthemen» in der Forschung beanstandet wurde. Jährlich wurden Tagungen in unterschiedlichen Schweizer Städten abgehalten, Vernetzungs- und Informationstreffen sowie Weiterbildungskurse organisiert und Initiativen oder Motionen aktiv unterstützt.
1988 erschien die erste Publikation des Vereins «Schriftenreihe Feministische Wissenschaft». 2002 wurde der Verein Schriftenreihe wieder aufgelöst und aus dessen Restvermögen der «FemPrix – Preis für Ergebnisse der Frauen- und Geschlechterforschung und ihre Umsetzung» in den Jahren 2003-2009 gestiftet.
Seit 1995 war FemWiss involviert in die Arbeiten rund um den Länderbericht zur Weltfrauenkonferenz in Beijing und bei der Umsetzung des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW); später auch zum NGO-Schattenbericht zur Istanbul-Konvention von 2011.
1996 begannen die Arbeiten an einer Expertinnendatenbank, die im Jahr 2001 als eigenständiger Verein unter dem Namen «femdat» realisiert wurde.
1997 fand die Gründungsversammlung der «Schweizerischen Gesellschaft für Frauen- und Geschlechterforschung» statt, in welcher FemWiss bis heute einen Vorstandssitz innehat.
1998 wurde die Website www.femwiss.ch aufgeschaltet; 2004 erhielt das Vereinsorgan ein neues Konzept und Layout, wurde in «FemInfo» umbenannt und erschien bis 2014 neu vierteljährlich. Im gleichen Jahr übergab FemWiss das Vereinsarchiv an das Schweizerische Bundesarchiv in Bern.
Der Rückblick auf das 20-jährige Bestehen des Vereins 2003 ging einher mit dem Sichtbarwerden der Veränderungen in der Welt der Bildungs- und Hochschulpolitik sowie der Forschungsausrichtung und -förderung. Frauen- oder Gleichstellungsstellen waren an Hochschulen eingesetzt worden; in Basel war die erste Professur für Geschlechterforschung besetzt und in Bern das Interdisziplinäre Zentrum für Geschlechterforschung eingerichtet sowie das interuniversitäre Kooperationsprojekt «Netzwerk Gender Studies Schweiz» ins Leben gerufen worden; ein Nationales Forschungsprogramms widmete sich der Gleichstellungspolitik in der Schweiz.

Die zweiten zwanzig Jahre (2003-2023): Brückenschlag
Trotz nomineller Erfolge konnte und kann von tatsächlicher Gleichstellung und einer breiten Anerkennung feministischer Wissenschaft keine Rede sein. Zugleich wurde die Vereinsarbeit und die Positionierung von FemWiss angesichts der subtiler werdenden Ungleichheiten und einer pluralisierten Organisationslandschaft nicht einfacher. Eine Mitgliederumfrage sollte der Orientierung dienen; thematische Arbeitsgruppen wurden gegründet und wieder aufgelöst; als Konstante und Minimalaufgabe des Vereins erwies sich das Magazin FemInfo. Mit neuem Vorstand und einer neuen Geschäftsleiterin wurde der Fokus des Vereins 2014 von der Institutionalisierung der Gender Studies zum Brückenschlag zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft hin verschoben. Information, Lobbying und Vernetzung wurden als zentrale Ziele genannt. Ab 2015 konnten alle «Personen, welche die Ziele des Vereins tragen», Mitglied von FemWiss werden; womit die Beschränkung auf weibliche Mitglieder aufgehoben wurde.
Der geforderte Brückenschlag erwies sich jedoch als Knacknuss der Vereinspositionierung für die kommenden Jahre. Die Möglichkeiten einer aktiven und öffentlichkeitswirksamen Vereinsarbeit sind aufgrund knapper Ressourcen begrenzt. Eine Crowdfunding-Aktion «Rette das FemInfo» verschaffte 2020 etwas finanzielle Luft. Nachdem FemWiss 2022 für das Projekt «Ensemble für feministisches Wissen» Fördergelder erhalten hatte, wurden vier FemInfo-Nummern (2023-2024) als Gasteditionen extern kuratiert. Das Jubiläumsjahr 2023 wurde vom Verein dafür genutzt, seine Position in der institutionellen Landschaft der Schweiz wiederum zu überprüfen und zu schärfen.

Die Hinweis: Unsere Unterlagen sind im Bundesarchiv archiviert